Tübingen

Tübinger Manifest: Wider das Sterben der Verlage

John%2BAbel%2BT%25C3%25BCbingenHermann Bausinger, bis zu seiner Emeritierung 2003 Direktor des Tübinger Ludwig-Uhland-Instituts für Empirische Kulturwissenschaft, und Thomas Knubben, Professor für Kulturwissenschaft und Kulturmanagement an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg, sind beide Autoren bei Klöpfer & Meyer. Wie viele Autorinnen und Autoren wühlte sie die Nachricht von der vergeblichen Nachfolger-Suche des scheidenden Verlegers Hubert Klöpfer auf. Ihre Reaktion: das Tübinger Manifest wider das Sterben der Verlage, für Diversität der Literatur und Buchkultur mit vier Vorschlägen zum Umgang mit der Verlagskrise. 

In diesen Wochen häufen sich die bedrohlichen Nachrichten zur Situation der Verlage in Deutschland. Der Börsenverband des deutschen Buchhandels meldet für die Zeit von 2012 bis 2016 einen markanten Rückgang der Buchkäufer von 54 % auf 45 %, die Monopolkommission fordert die Abschaffung der Buchpreisbindung, die Deutsche Post erhöht die Portokosten für Büchersendungen um 20 %. Und nun gab der Verlag Klöpfer & Meyer in Tübingen bekannt, auf sein nächstes Frühjahrsprogramm verzichten zu müssen und dass die Arbeit des Verlages unter den gegebenen Umständen nicht mehr fortgeführt werden könne.

Dies ist aus mehreren Gründen ein ernstes Alarmzeichen. Es zeigt erstens an, wie die Konzentrationsbewegung im Verlagswesen weiter bedrohlich zunimmt. Der Verlagsbuchhandel ist heute bereits größtenteils in der Gewalt einer Hand voll Konzerne. Unabhängiges Publizieren jenseits weniger marktbeherrschender Verlage gerät dadurch in Gefahr. Dies ist ein demokratisches Problem, weil immer weniger Menschen darüber entscheiden, was über wirkungsvolle Kanäle veröffentlicht werden kann und darf.

Damit verbunden ist zweitens ein beunruhigender Verlust an Vielfalt literarischer Themen und Ausdrucksformen. Die Diversität der Literatur droht aufgerieben zu werden im Sog von reiner Marktmacht und Marktgängigkeit. Auch unabhängige Verlage müssen sich marktorientiert und marktgerecht verhalten, dafür brauchen sie aber faire und angemessene Bedingungen. Der Markt selbst regelt nicht alles. Dies ist ein ästhetisches und ordnungspolitisches Problem.

Mit dem Verlust unabhängiger Verlage geht drittens auch ein Stück kultureller Vitalität verloren. Verlage sind Knotenpunkte des geistigen Verkehrs. Sie sind eingebunden in regionale, überregionale und internationale Netzwerke. Sie ermöglichen und verdichten den Austausch innerhalb und jenseits regionaler Kulturräume – zwischen Produzenten und Rezipienten und vielen Vermittlungsinstanzen, also zwischen Schriftstellern, Essayisten, Film- und Rundfunkautoren, Lesern, Hörern, Zuschauern und Festivalbesuchern, Zeitungs-, Zeitschriften- und Rundfunkredaktionen, Buchhändlern, Bibliothekaren, Hochschulen und Volkshochschulen sowie Literaturzirkeln jeglichen Zuschnitts. All dies zu bewahren ist ein kulturpolitisches Problem.

Was kann gegen die drohenden Verluste getan werden, wie können literarische Diversität und kulturelle Vitalität erhalten werden? Wo sind mögliche Ansätze kulturpolitischen Handelns?

Vier Vorschläge mögen den Weg zur aktuellen und langfristigen Bewältigung der Krise andeuten:

1. Die strukturellen Probleme der unabhängigen Verlage müssen von der Kulturpolitik ernst genommen werden. Die Herausforderungen sind gewaltig. Sie reichen von den Digitalisierungsprozessen über soziokulturelle Verschiebungen bis hin zu urheberrechtlichen Fragestellungen. Bislang wurden sie überwiegend als Angelegenheit der Wirtschaftspolitik betrachtet. Damit werden sie jedoch nicht hinreichend erfasst. Der erste Schritt von Seiten der Kulturpolitik bestünde daher darin, sich für diese Fragen zuständig zu erklären. Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien Monika Grütters hat dies bereits getan, hat die Buchpreisbindung für unverzichtbar erklärt und einen Preis für ausgezeichnete Verlage angekündigt. Dies ist freilich nicht genug, die Länder müssen ihr mit eigenen Aktivitäten und Anstrengungen folgen. Deren Koordination wäre eine sinnvolle Aufgabe für den von der Sächsischen Kunstministerin Eva-Maria Stande dieser Tage vorgeschlagenen Länderkulturrat.

2. Ein großes Hindernis für wirkungsvolle strukturelle Förderaktivitäten seitens der Kulturpolitik gerade auch im Hinblick auf die Verlage besteht in der überkommenen Trennung zwischen Profit- und Non-Profit-Akteuren. Diese Unterscheidung mag im Hinblick auf Förderverfahren und Steuerfragen verständlich sein, wird aber den vielfachen Verschränkungen zwischen den Sektoren nicht mehr gerecht und verhindert daher oftmals sinnvolle Interventionen. Sie ist aus der Sicht der Bürger als Leser, Museumsbesucher oder Kinogänger, auf die es nicht zuletzt ankommen sollte, auch völlig belanglos. Andere Länder wie Österreich und die Schweiz verfügen bereits seit 1992 bzw. 2016 über eine Verlagsförderung und überwinden damit die in Deutschland herrschenden Barrieren. Deren Förderung setzt auf Programmqualität, verlegerische Professionalität und langfristige Wirkung. Ihre Konzepte könnten als Benchmarking für entsprechende Initiativen der Länder und des Bundes dienen.

3. Langfristige Konzeptionen bedürfen einer ausreichenden Datenbasis und -analyse. Die Autoren- und Künstlerreporte der frühen 1970er-Jahre waren Ausgangspunkt der vorbildlichen deutschen Künstlersozialversicherung, der Bericht der Enquete-Kommission Kultur in Deutschland Wegbereiter für eine neue Sensibilität gegenüber kulturpolitischen Entwicklungen und Erfordernissen. Er liegt nun aber auch wieder bereits mehr als 10 Jahre zurück. Es braucht daher aktuelle Erhebungen und einen neuen umfassenden Report über die zu erwartenden Entwicklungen im Literaturbetrieb und Verlagswesen. Sie stellen noch immer den größten Sektor im Kulturbetrieb dar, haben eine enorme wirtschaftliche wie kulturelle Bedeutung und müssen daher in ihrem komplexen Zusammenspiel fundiert in den Blick genommen werden.

4. Die Probleme der Verlage sind allerdings zu drängend, als dass sie auf die Ergebnisse eines Gutachtens oder einer Kommission warten könnten. Diese sind auf langfristige Perspektiven ausgerichtet. In der Zwischenzeit bedarf es schneller Interventionen, denn kulturelle Einrichtungen, die einmal untergegangen sind, lassen sich in der Regel nicht mehr oder nur mit erheblich höherem Einsatz wiederbeleben. Das Land Baden-Württemberg ist der Literatur nicht zuletzt aus historischen Gründen in besonderer Weise verbunden und bringt dies auch in einer breiten Literaturförderung zum Ausdruck. Es hat in den vergangenen Jahrzehnten mit seinen Kulturkonzeptionen und Gründungen von neuen Kultureinrichtungen immer wieder Maßstäbe gesetzt. Es hat zuletzt aber seine führende Stellung im Verlagswesen verloren. Renommierte Häuser, die das literarische und kulturelle Profil des Landes über lange Zeit geprägt haben, sind abgewandert, wurden anderswo eingegliedert oder haben aufgegeben. Das Land verfügt über eine Fülle von Instrumenten und aktuell auch über ausreichend Finanzmittel, um hier entgegen zu wirken. Es muss nur wollen und wieder einmal seine kulturpolitische Kreativität unter Beweis stellen.

Der Klöpfer & Meyer Verlag in Tübingen ist seit 27 Jahren eine tragende Säule des Literaturlebens nicht nur in Baden-Württemberg. Er hat viele Schriftsteller aus dem deutschen Südwesten überregional bekannt gemacht und Literaten von außerhalb hier heimisch werden lassen. Der Verlag und seine Autoren wurden vielfach ausgezeichnet. Das Ende von Klöpfer & Meyer wäre nicht das Ende der Literatur in Baden-Württemberg, aber es wäre mehr als der Anfang vom Ende, und wenn nichts gegen die strukturellen Probleme unternommen wird, ist auch das Ende selbst bald abzusehen.


Creative-Commons-Foto: John Abel – Tübingen (via Flickr, Lizenz: CC BY-NC-ND 2.0)

Christa Hagmeyer

Lyrik, Kurzprosa, Theaterstücke

Jahrgang 1944, gelernte Sparkassenbetriebswirtin schreibt Kurzprosa, Lyrik und Theaterstücke. Die Theaterstücke waren Auftragsarbeiten, die wiederholt aufgeführt und teilweise mit Preisen ausgezeichnet wurden. Eine Reihe von Gedichten wurde vertont.

Hagmeyer hatte Lesungen in verschiedenen deutschen Städten, beim Rundfunk, am Literaturtelefon und an der Universität Metz/Frankreich. Sie hat in Anthologien, Zeitungen und Zeitschriften im Inland und im benachbarten Ausland veröffentlicht. Seit gut zwanzig Jahren ist Christa Hagmeyer als Kulturjournalistin tätig. Sie ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder. Im Jahr 2009 erhielt sie den Bürgerpreis der Bürgerstiftung Tübingen.

Aus ihrem Werk:

ab 1989 Lyrik und Kurzprosa, Alkyon-Verlag.
1995 Historische Dokumentation, Silberburg-Verlag
2004 „Hier und jenseits der Hügel“, Attempto-Verlag
2006 „Aus der Kastanienstadt“, Attempto-Verlag
2004 „Beim Teutates, wir spielen doch nur“, Schultheater
2005 Libretto „Male, Jakob, male“, Märchenoper, Komponist Veit Erdmann
2008 „Auto und Sternschnuppe“ Uraufführung einer internationalen Vorbereitungsklasse, Mörikeschule Tübingen

Anke Laufer

Anke+Laufer

Prosa, Krimi, Südamerikaspezialistin

Geboren 1965 in Villingen, Schwarzwald, lebt die Autorin heute mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern (14 und 17) zwischen Tübingen und Reutlingen. Ethnologie- und Politikstudium in Freiburg i. Brsg. Mehrere Langzeit-Feldforschungen in den sogenannten „Barriadas“ von Lima, Peru. Magisterarbeit zum Thema: „Reziprozität und Klientelismus in den Stadtrandsiedlungen von Lima, Peru“ (unveröffentlicht) Promotion 1998 zum Thema: „Rassismus, ethnische Stereotype und nationale Identität in Peru.“ (LitVerlag, Hamburg, 1998)
Es folgten Jobs als freie Korrektorin, Redakteurin und Projektkoordinatorin im Verlagswesen und Multi-Media Publishing, u.a. beim Druck- und Verlagshaus Frankfurter Societät sowie der Michael Konrad GmbH, beide Frankfurt a.M. Dem „Jahreslehrgang Schreiben“ in Tübingen 2005/6 folgten erste Veröffentlichungen, Meisterkurse mit Ilija Trojanow und Burkhard Spinnen und das Drehbuchcamp mit Keith Cunningham und Tom Schlesinger.

Preise und Auszeichnungen:
Schwäbischer Literaturpreis 2007, Deutscher Kurzkrimipreis 2009, Literaturpreis der Buchmesse im Ried 2010., Würth-Literaturpreis (1.Preis) 2011, Dritte Plätze beim Nordhessischen Autorenpreis 2009, beim Schwäbischen Literaturpreis 2009 und beim „Irseer Pegasus“ 2010. Nominierung für den Friedrich-Glauser-Preis, Sparte Kurzgeschichte 2011.

Christa Degen

Roman

christaDegen

Wurde 1951 in Karlsruhe geboren, lebt  in Tübingen und arbeitet heute als freie Autorin und Anleiterin literarischer Schreibwerkstätten in Tübingen, Berlin und Italien.
Studium der Germanistik und Politik in Tübingen, Buchhändlerin, Barkeeperin, Türsteherin, Deutsch- und Politiklehrerin, EDV-Vertriebsbeauftragte in Hamburg und Berlin. Seit 2005 freie Autorin und Lektorin in einer Literaturagentur.

Veröffentlichungen:
2005, Eine Frau, ein Mann, eine Frau, Roman, SalonLiteraturVerlag München.
2007, Mondschatten, Roman, SalonLiteraturVerlag München.

Zertifikat/Stipendien
Abschlusszertifikat des Studios für Literatur und Theater, Tübingen (Leitung Dagmar Leupold), Stipendium des Förderkreises Deutscher Schriftsteller in Baden-Württemberg, Stipendium Meisterklasse Literatur (Georg Klein), Irsee.

Cornelia Lotter

cornelialotter

Kurzgeschichten und Romane

Cornelia Lotter wurde in Weimar geboren, ging dort zur Schule, studierte auf Lehramt und siedelte 1984 nach Tübingen über. Sie arbeitet als Sekretärin und schreibt, seit sie einen Stift halten kann. Sie hat in verschiedenen Anthologien veröffentlicht.

Debüt: „Das letzte Frühstück“, 19 Kurzgeschichten über die Liebe, erschienen im November 2011 im fhl-Verlag, Leipzig.
Krimi: „Gottesgericht – Ki und die Schatten der Vergangenheit“, erscheint im März 2013 im fhl-Verlag, Leipzig.
Und verschiedene Romane unter Pseudonym im dotbooks Verlag, München

Auszeichnungen: 1. Preis in der Sparte Lyrik beim Selma Meerbaum-Eisinger Literaturpreis 2011,
1. Leipziger Krimipreis für Gottesgericht 2012

Cornelia Lotter
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Volker Demuth bekommt Viehof-Ehrengabe

buch

Die Deutsche Schillerstiftung von 1859 ehrt damit sein Gesamtwerk, zu dem neben
Lyrik und Prosa auch Essays gehören, teilte die Stiftung am Mittwoch in Weimar mit. Der Preis ist mit 5000 Euro dotiert und wird am 4. Mai 2012 in  Marbach verliehen.

Demmuth (geb. 1961 in Süddeutschland) ist Lyriker, Essayist und Medienwissenschaftler. Er studierte Philosophie, Literaturwissenschaft und Geschichte an den Universitäten Tübingen und Oxford. Neben seiner Tätigkeit beim Rundfunk (SWR), bei der eine Reihe von Hörspielen entstand, war Demuth bis 2004 Professor für Medientheorie an der Fachhochschule für Gestaltung in Schwäbisch Hall. Um sich dem Schreiben und der Arbeit an multimedialen Sprachinstallationen zu widmen, gab er seine Lehrtätigkeit auf. Er veröffentlichte zahlreiche Bücher und publizierte in verschiedenen Kunst- und Kulturzeitschriften. Seine Gedichte wurden ins Englische, Französische und Russische übersetzt. Für seine Werke erhielt er mehrere Auszeichnungen, u. a. das Stipendium der Kunststiftung Baden-Württemberg 1999, Literaturstipendium des Landes Baden-Württemberg 2001, den Künstlerpreis der Stadt Friedrichshafen 2001, das Stipendium des Landes Rheinland-Pfalz im Künstlerhaus Edenkoben 2003 und das Stipendium im International Writers and Translators Centre of Rhodes 2007. Er lebt in Zwiefaltendorf (Donau) und in Berlin.

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