Imre Török: Ein Orden für den Beharrlichen
Der frühere Landes- und Bundesvorsitzende des VS, Imre Török, erhält den Verdienstorden des Landes Baden-Württemberg. Bis zur tatsächlichen Verleihung muss er sich gedulden, sie ist „auf unbestimmte Zeit“ verschoben. Aber er weiß besagte Zeit zu nutzen.
Es gibt in Zeiten von Covid-19 ganz sicher unangenehmere Orte, um seinen Alltag zu verbringen als Ewigkeit. Ewigkeit, ohne „die“ davor, ist ein Weiler im Allgäu, in dem Imre Török seit 2018 sein Heimatzelt aufgeschlagen hat. Ewigkeit – das klingt nach Abgeschiedenheit, nach Spazierengehen im Grünen, nach Rückzug und Frieden, nach Isolation. Sich von der Welt abzuwenden aber entspricht nicht der Natur von Imre Török.
Und so liest man auch und besonders in diesen grotesken Wochen viel von ihm in den Weiten des weltumspannenden Social-Media-Netzwerkes. In ihm meldet sich Imre Török zu Wort, poltert gegen Verschwörungstheoretiker und argumentiert gegen das Verharmlosen an. „Jede Behauptung, Covid-19 sei nicht schlimmer als eine harmlose Grippe, entsetzt mich, weil sie medizinisch unsinnig ist und daher fatale gesellschaftliche und politische Auswirkungen hat“, sagt er. Seit fünf Jahren plagt ihn ein unheilbarer Immundefekt, an manchen Tagen ist der Schmerz so heftig, dass an kaum etwas anderes zu denken ist. Er aber kämpft weiter, in so vieler Beziehung.
Der Brief des Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann aus dem Februar 2020 erreichte deshalb ohne jeden Zweifel den richtigen Adressaten. In ihm informierte der Landesvater den ehemaligen Landesvorsitzenden des VS (von 1996 bis 2005, danach von 2005 bis 2015 Bundesvorsitzender und bis 2019 Beisitzer im Bundesvorstand) über eine besondere Ehre: die Verleihung des Landesordens. Die höchste Auszeichnung des Landes Baden-Württemberg erhalten ausschließlich Persönlichkeiten mit herausragenden Verdiensten. Töröks Reaktion? „Ich habe mich riesig darüber gefreut.“
Aktiv gegen Rassismus und Rechtsextremismus
Der Festakt zur Verleihung war eigentlich Ende April geplant. Er fiel der Corona-Pandemie zum Opfer. Wann er nachgeholt werden kann, ist derzeit unsicher. Imre Török feierte also virtuell – und erhielt ein Füllhorn an Gratulationen. Ganz sicher dürfte ihn das, in Kombination mit der Begründung des Ministerpräsidenten, veranlasst haben, zurückzublicken. Der Landesorden würdigt vor allem sein Engagement gegen Rassismus und Rechtsextremismus.
Selbiges hat eine lange Geschichte. Sie beginnt spätestens, als der gebürtige Ungar, der als Flüchtling nach Deutschland kam und in Nagold das Gymnasium besuchte, im damaligen Landtagswahlkampf mit Plakataktionen gegen die NPD demonstrierte. Dass deren Anhänger ihn körperlich angriffen, schreckte ihn nicht ab, sondern bestärkte ihn – ebenso wie das Studium in Tübingen, unter anderem bei Ernst Bloch. In seinen Romanen (zuletzt: Die Königin von Ägypten in Berlin) und Beiträgen für Anthologien schrieb er immer wieder gegen den Faschismus an. Als VS-Bundesvorsitzender spielte er eine tragende Rolle bei den Initiativen „Worte gegen rechts“ und „Stimmen gegen rechts“.
Seit dem VS-Jubiläumskongress in Aschaffenburg im vergangenen Jahr hat sich Imre Török zwar von seinen Ämtern zurückgezogen. Von einem Ruhestand aber ist er weit entfernt. In Ewigkeit schreibt er am nächsten Roman. Es wird wieder ein politisches Werk werden. Sein Engagement also geht weiter.