Abschied von Günter Guben

Schon am 21. September ist mein alter Freund und Kollege Günter Guben in Ulm gestorben. Zuletzt sah ich ihn bei einem Treffen ehemaliger SWR-Kulturmenschen im schwäbischen Traditionslokal „Klösterle“ in Bad Cannstatt, das muss im Frühjahr gewesen sein. Der Umzug von Esslingen zu seiner Lebensgefährtin in Ulm war noch nicht lange her und hatte ihn arg mitgenommen. Aber dort hatte er nicht nur die Liebe, sondern auch eine schöne Wohnung ganz nah am Münsterplatz und ein helles, geräumiges Atelier, und das jahrelange Pendeln war vorbei. Wir hatten schon gedacht, wir würden ihn nie wieder im „Klösterle“ sehen, zumal der Stuttgarter Hauptbahnhof in einem ähnlich prekären Zustand war wie seine Gesundheit. Doch ab und zu tauchte er trotzdem wieder in unserem Stammlokal auf, zuletzt mit Rollator und auf einen Fahrer zum Bahnhof für die Heimfahrt angewiesen, aber immer fröhlich, witzig, freundlich und mit Hut. Den nahm er auch in geschlossenen Räumen nie ab. Ich habe sehr viel mit ihm erlebt. Bei etlichen meiner Features bei SWR2 führte er kompetent und einfühlsam Regie. Mit ihm als Vorsitzenden hat das Stuttgarter Schriftstellerhaus seine besten Jahre erlebt.
Sein letzter Gedichtband erschien 2016, heißt „Verfügung der Dinge“ und liest sich wie ein Vermächtnis. Bezeichnend für die Mischung aus Lebensfreude, Sinnlichkeit, Erotik, Humor und Selbstironie bei Günter Guben und in seinen Texten ist das Gedicht „Einer Kellnerin im Café Königx“:

Wie sie das Glas voll Wein
darreicht
als wäre es die eigene Brust
so vorgebeugt
daß man die Brüste sieht
das Lächeln auch
wie eine Einladung
und wissend
daß ihr Leib betrachtet wurde
so entwaffnend eine Lüsternheit
die wüsten wollte
solchermaßen
sinnlich bleibt Erinnerung
an stattgehabte Liebe

Schaue ich die Fotos durch, die ich von ihm gemacht habe, denke ich, man sieht ihm den Schwerenöter an, den Gentleman alter Schule, den fröhlichen Zecher, der auch sich selbst zu inszenieren wusste. Er fehlt. Prost, Günter!
Er hatte auch Schrullen, und die betrafen ausgerechnet die Kommuniktion. Günter hatte bis zum vorigen Sommer kein Mobiltelefon, und Jahrzehnte lang hat er sich (letzten Endes vergeblich) geweigert, mit einem Computer oder gar mit E-Mails zu arbeiten. Er hat das nicht aus einer Fundamentalopposition gegen den technischen Fortschritt heraus getan, sondern aus Skepsis den Folgen gegenüber, die all diese Technik für uns und unsere Abeitswelt hat, die Lebenszeit, die sie frisst, die sozialen Verwerfungen. Ein Rezept dagegen hatte auch er nicht. Er liebte es einfach direkt, von Mensch zu Mensch. Im Sender konnte er das mit PC und E-Mail noch delegieren. Vor etwa einem Jahr gab er auch den Widerstand gegen ein Mobiltelefon auf, um in Notfällen erreichbar zu sein. Gemocht hat er es nie. Und seine Nummer gab er nur wenigen. Dafür waren seine Briefe legendär: jeder ein künstlerisch gestaltetes Unikat in Handschrift.
Günter war der Einzige, der mich 2017 nach meiner Lungenoperation während der Reha in Bad Dürrheim besuchte, da chauffierte ihn seine liebe Freundin Heidrun Clement aus Ulm. Wir aßen Schwarzwälder Kirschtorte und spazierten in der Märzsonne durch den Kurpark. Er war ein guter Freund, ein sehr guter. Sogar meine Frau hat ihn gemocht, und die war immer sehr kritisch und zurückhaltend bei der Zuteilung ihrer Sympathie. Ach, ich bin traurig und weiß nicht, wo anfangen und aufhören, über ihn zu schreiben. Gut, dass ein anderer einen angemessenen, schönen und würdigen Nachruf über ihn geschrieben hat, mein Kollege Michael Seehoff.

Widmar Puhl

VS auf der Frankfurter Buchmesse 2025

TRAUMBERUF AUTOR*IN: MYTHEN UND REALITÄT

Viele träumen davon, als Autor*in erfolgreich zu sein, doch wie sieht die Realität aus? Die Podiumsdiskussion gibt einen ehrlichen Einblick in den Beruf der Literaturschaffenden, räumt mit weit verbreiteten Mythen auf und bietet wertvolle Tipps für alle, die sich für das Schreiben und die Buchbranche interessieren. Eine Veranstaltung des Verbands deutscher Schriftsteller*innen (VS) Baden-Württemberg in ver.di auf der Frankfurter Buchmesse.

Es diskutieren Verlagsautorin Beate Rothmaier und Self-Publisherin Julia K. Rodeit, moderiert von Ines Witka

Wann: 17.10. 2025 von 10.45 – 11.50 Uhr
Wo: Halle 3.1, Stand K71 (Stand vom VS)

Außerdem sind unsere Vorsitzende Ines Witka und Diemut M. Bek, Beisitzerin ebenfalls am Freitag, den 17.10. von 14.00 bis 18.00 Uhr für den VS-Baden-Württemberg am Stand.

Wir freuen uns auf viele Interessierte.
Auch an allen anderen Tagen gibt es interessante Veranstaltungen am Stand. Schaut vorbei!

Mythen auf der Buchmesse

Mitglieder des Landesvorstands

Ines Witka übernimmt den Vorsitz des Verbands Schriftsteller*innen in Baden-Württemberg und freut sich darauf, den Austausch unter uns Autor*innen zu stärken. Sie ist Autorin von Romanen und Sachbüchern, Dozentin für Schreiben und Kommunikation – und lebt in Stuttgart.
Nach ersten Veröffentlichungen in Anthologien und mehreren Interviewbüchern studierte sie Biografisches und Kreatives Schreiben an der Alice Salomon Hochschule Berlin. 2015 erschien ihr Schreibratgeber Dirty Writing, 2016 ihr Romandebüt Perle um Perle. Es folgten weitere Romane, in denen spicey Szenen auf gesellschaftlich relevante Themen treffen.
Außerdem betreut sie die Instagram und facebook Präsens.
👉 Mehr über sie findet ihr unter www.ineswitka.de oder auf Instagram @ineswitka

Bewährt im  VS Baden-Württemberg: der Stellvertretender Vorsitzende Martin von Arndt. Seit 2001 engagiert er sich im Landesvorstand in verschiedensten Funktionen. Aktuell kümmert er sich um die Homepage, die Mitgliederzeitschrift DIE FEDER und die Neuaufnahmen. Als Autor schreibt er Romane – zuletzt erschien 2025 „Der Wortschatz des Todes“ im Ars Vivendi Verlag Cadolzburg. Das Buch thematisiert Putins Überfall auf die Ukraine.
👉 Mehr über ihn findet ihr unter www.vonarndt.de oder auf Instagram @martinvonarndt

Vorstand des VS in Baden-Württemberg

Beisitzerin ist Anne Richter. Geboren 1973, studierte sie Romanistik und Anglistik in Jena, Oxford und Bologna. Heute lebt sie in Heidelberg und arbeitet als Schriftstellerin, Sprachenlehrerin und Dozentin für Kreatives Schreiben. Neben zahlreichen Beiträgen in Zeitschriften und Anthologien veröffentlichte sie bislang die Romane „Fremde Zeichen“, „Unvollkommenheit“ und „Sendezeit“ sowie den Erzählband „Kämpfen wie Männer“. Ihre Arbeiten wurden mehrfach ausgezeichnet, u. a. mit Stipendien des Literarischen Colloquiums Berlin und der Kunststiftung Baden-Württemberg.
👉 Mehr über sie: www.literaturport.de/Anne.Richter/

Beisitzerin ist Beate Rothmaier. Geboren in Ellwangen/Jagst, schreibt sie Romane, Erzählungen und experimentelle Prosa. Nach 25 Jahren in Zürich lebt sie seit 2017 wieder in Süddeutschland. Ihr Debüt „Caspar“ erschien 2005, es folgten Werke wie „Medea zwei“, „Fischvogel“ oder „Atmen, bis die Flut kommt“. Ihre Texte bewegen sich zwischen historischen Stoffen, Coming-of-Age, Road Novel und Theater. Sie erhielt zahlreiche Preise und Stipendien, u. a. den Friedrich-Hölderlin-Förderpreis, Aufenthalte in London und New York sowie 2019 den Lilly-Ronchetti-Preis des Schweizerischen Schriftstellerverbands A*dS.
👉 Mehr über sie: www.beaterotmaier.net

Beisitzerin ist Diemut M. Bek. Sie schreibt Lyrik, Erzählungen, Kindergeschichten, historische Romane und Jugend-Fantasy. Neben ihrer Arbeit als Autorin leitet sie den Hintropf Verlag und organisiert seit 2016 die Wangener Lesebühne. Sie ist Mitglied bei Signatur e. V., war Delegierte der VG Wort und beteiligt sich aktiv an Literaturveranstaltungen im süddeutschen Raum. Zu ihren Veröffentlichungen gehören u. a. die Lyrikbände „Haus der Luft I & II“, das Kinderbuch „Schiller Wolkenkind“, der historische Roman „Die Leupolzer“ und das Jugendabenteuer „Poliddel & Co – Im Land der Dinosaurier“.

Widerspruch gegen Erweiterung VG Wort-Wahrnehmungsvertrag

Im Oktober hatte die VG Wort die von ihr vertretenen Autor*innen angeschrieben und mitgeteilt, dass demnächst Lizenzierungen von Werken für Generative KI wie ChatGPT ermöglicht würden. Ein Widerspruch der Betroffenen kann bis Freitag, den 29. November 2024 eingelegt werden, eine nachträgliche Teilkündigung des Wahrnehmungsvertrages mit einer Vorlaufzeit von sechs Monaten ab Jahresende, die zum Dezember 2025 greift, ist allerdings auch noch möglich. Allerdings empfiehlt sich, bei Unwohlsein mit den neuen Bedingungen, ein sofortiger Widerspruch. Dazu sollte eine E-Mail unter Angabe des Namens und der vollständigen Anschrift, in der der Widerspruch erklärt wird, gesendet werden an: wahrnehmungsvertrag@vgwort.de
Neben dem VS hat auch der PEN mittlerweile einen einfachen Briefentwurf vorgelegt: „Sehr geehrte Damen und Herren, liebe VG Wort, hiermit widerspreche ich der auf der Mitgliederversammlung der VG Wort am 01. Juni 2024 beschlossenen Erweiterung des Wahrnehmungsvertrags für die Nutzung meiner Werke im Bereich der Künstlichen Intelligenz und bitte um kurze schriftliche Bestätigung. Mit freundlichen Grüßen, Name und vollständige Anschrift“
Der PEN schreibt weiter dazu:
„Wie soll man sich als Autorin und Autor nun entscheiden?
Mit der Erweiterung des Wahrnehmungsvertrages auf Generative Verarbeitungen (Künstliche Intelligenz) erkennt die Autorin/der Autor letztlich an, dass eine Lizenzierung durch die VG Wort möglich ist. Die Autorin/der Autor wird an den jährlichen Ausschüttungen sodann auch beteiligt. Ein guter Standpunkt ist aber auch zu sagen, dass ich als Urheber es selbst in der Hand behalten möchte, ob und an wen ich eine Lizenz für die Verwertung meiner Werke oder einzelner Werke durch Künstliche Intelligenz geben möchte. Deshalb erteile ich nicht pauschal eine Rechteeinräumung an die VG Wort. Ich möchte selbst in der Hand behalten, was mit meinen Werken geschieht und Herr einer Lizenzierung bleiben. Zur Ehrlichkeit dürfte aber auch gehören, dass die Verwendung von Werken durch die Entwickler von Künstlicher Intelligenz wahrscheinlich ohnehin – sodann urheberrechtswidrig – geschehen dürfte und es dem einzelnen Urheber schwer fallen dürfte, die rechtswidrige Nutzung seiner Werke nachzuweisen. So erhält er jedenfalls noch eine gewisse Tantieme.
Wird gegen die Erweiterung des Wahrnehmungsvertrages nicht widersprochen, können sämtliche Werke des Urhebers durch die VG Wort an unternehmensinterne KI-Entwickler erlaubt werden.
Es ist nicht möglich, diese Rechtewahrnehmung der VG Wort nur auf einzelne Werke zu beschränken, sondern entweder gilt sie für alle Werke des jeweiligen Autors (wenn nicht widersprochen wird), oder für keine (im Falle des Widerspruchs).
Es empfiehlt sich deshalb, bis zum 29.11.2024 der Erweiterung des Wahrnehmungsvertrages zu widersprechen. Folge ist dann, dass der alte Wahrnehmungsvertrag weiterhin für den Widersprechenden aktuell bleibt.“

Hier finden sich die FAQ zur Erweiterung bei der VG Wort.

Zum Tod von Ursula Jetter

Der Verband deutscher Schriftsteller:innen trauert um sein Mitglied Ursula Jetter.

Ursula Jetter verstarb am 15. Juli 2024 im Alter von 84 Jahren. Sie wurde im Februar 1940 in Bruchsal geboren und lebte in Möglingen bei Ludwigsburg. Sie war Herausgeberin der Exempla, der ältesten Literaturzeitschrift Baden-Württembergs, gegründet 1974. 2017 wurde sie mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet.
Ursula Jetter studierte Musik, Literatur, Pädagogik und Psychologie und arbeitete als Journalistin, Kunstkritikerin, Lehrerin für Musik und Deutsch und als Therapeutin in der Psychiatrie. Sie leistete Pionierarbeit in der Musiktherapie und war Dozentin an verschiedenen Hochschulen. 1989 übernahm sie die Herausgeberschaft der Exempla. Sie schrieb Lyrik, Erzählungen und Kurzgeschichten, die in eigenen Büchern und vielen Anthologien erschienen. Außerdem gab sie zahlreiche Konzerte für Klavier- und Kammermusik. Sie war unter anderem Mitglied des Internationalen P.E.N., der Gedok, der Künstlergilde, den Schreibenden Frauen Baden-Württemberg und der Gesellschaft für zeitgenössische Lyrik Leipzig.
1959/60 bekam sie den Scheffelpreis, der von der Literarischen Gesellschaft Karlsruhe an Deutsch-Abiturient:innen für die Besten eines Jahrgangs vergeben wird, 1999 erhielt sie ein Stipendium des Förderkreises Baden-Württemberg und 2001 den Preis des Internationalen PEN.

Hier ihre eigenständigen Publikationen:
und suchen ein verstummtes Wort. Lyrik und Prosa. 1990.
Klangräume der Stille. Tübingen 1990
Musiktherapeutisches Märchenspiel. Mit Tonkassette. 1991.
Klangräume der Stille. Literarischer Essay. 1996.
Die Prozession aus Afrika. Geschichten. 1997.
Erkundungen und befunde. Gedichte 1992-1997. Grafiken von Jürgen Brodwolf. 1998.
Sex und Liebe – unversöhnt? 2003.
grenzgänge, niemandsland. Lyrik und Prosa. 2003/2004.
Alles was meinen Namen trägt. Vom Schreiben, Fragen, Lieben und Älter werden. 2009.
Die Frau mit den Koffern. 2012.

Nachruf auf Martin Walser

Der Verband deutscher Schriftsteller*innen trauert um Martin Walser. Er starb am 28. Juli 2023 im Alter von 96 Jahren.
Walser war einer der bedeutendsten deutschen Schriftsteller und Mitglied unseres Schriftsteller*innnenverbands.

Den Tod gibt es nicht, so wenig wie das Leben. Nur Wörter, an die wir uns halten können in all der Leere.

Zitat aus Martin Walsers „Sprachlaub oder: Wahr ist, was schön ist.“

Martin Walser wurde 1927 in Wasserburg am Bodensee geboren, wo seine Eltern ein Bahnhofsrestaurant und eine Kohlehandlung betrieben. Das Milieu, in dem er aufwuchs schilderte er in seinem Roman Ein springender Brunnen. Er besuchte die Oberrealschule in Lindau und wurde 1943 als Flakhelfer eingezogen. Nach Kriegsende machte er in Lindau das Abitur, studierte in Regensburg und Tübingen Literaturwissenschaft, Geschichte und Philosophie und schloss mit einer Dissertation über Franz Kafka 1951 sein Studium ab. 1949 begann Martin Walser für den neu gegründeten Süddeutschen Rundfunk Hörspiele zu schreiben und war am Aufbau des Fernsehbereichs des Senders beteiligt.

Seit 1953 wurde Martin Walser regelmäßig zu den Tagungen der Gruppe 47 eingeladen, 1955 bekam er für seine Erzählung Templones Ende eine Auszeichnung. Sein erster Roman Ehen in Philippsburg erschien 1957 und wurde ein großer Erfolg. In den sechziger Jahren setzte er sich wie viele linke Intellektuelle für die Wahl von Willy Brandt zum Bundeskanzler ein. Er engagierte sich gegen den Vietnamkrieg und reiste nach Moskau. Er galt als Sympathisant der DKP.

Martin Walser, hier mit Imre Török (ehemaliger Landesvorsitzender des VS Baden-Württemberg)
Martin Walser (rechts im Bild), hier mit Imre Török (ehemaliger Landesvorsitzender des VS Baden-Württemberg)

Martin Walsers Romane erschienen bei Suhrkamp. Nach dem Tod von Siegfried Unselt zog er 2004 mit seinen Werken zum Rowohlt-Verlag um, was eine Klausel in den Verlagsverträgen möglich machte. Dabei spielte nach Aussagen Martin Walsers auch die mangelnde Positionierung des Verlags im Streit um den Roman Tod eines Kritikers (2002) eine Rolle, in dem Martin Walser den Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki angegriffen hatte.

Martin Walsers literarisches Werk umfasst gut siebzig Romane und mehr als ein Dutzend Theaterstücke. Er gilt als typischer Vertreter der deutschen Nachkriegsliteratur in einer Reihe mit Heinrich Böll, Peter Handke oder Siegfried Lenz, die weniger Augenmerk auf die Entwicklung einer äußeren Handlung und vielmehr auf innere Prozesse gebrochener Held*innen richten, die sich den Ansprüchen des Lebens und der gesellschaftlichen Normierungen nicht gewachsen fühlen.

Immer wieder führten Bücher, Theaterstücke und Reden Martin Walsers zu heftigen öffentlichen Kontroversen, so auch seine Rede in der Frankfurter Paulskirche 1998 anlässlich der Verleihung des Friedenspreises des deutschen Buchhandels an ihn, in der er den unauflöslichen Widerspruch zwischen dem ehrlichen Empfinden „unvergänglicher“ deutscher Schande angesichts des Holocausts und einer inneren Gegenwehr gegen den als ritualisiert empfundenen Vorhalt dieser Schande reflektiert.

Martin Walser hat über 40 Auszeichnungen als Preise und Ehrendoktorwürden erhalten, darunter 1987 das große Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland, 1992 die Aufnahme in den Orden Pour le Mérite für Wissenschaft und Künste, 1998 den Friedenspreis des deutschen Buchhandels, 2008 den Corine-Ehrenpreis des Bayerischen Ministerpräsidenten für sein Lebenswerk und zuletzt 2015 den Internationalen Friedrich-Nietzsche-Preis für sein Lebenswerk.

Walser war Mitglied im VS in ver.di, im P.E.N.-Zentrum Deutschland, in der Akademie der Künste Berlin, in der Sächsischen Akademie der Künste und in der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt. Er lebte in Überlingen am Bodensee. Seine gesammelten Werke – samt Fotos, Computerdateien und seiner privaten Bibliothek – übergab er im vergangenen Jahr dem Deutschen Literaturarchiv in Marbach als sogenannten Vorlass. Es sind 75.000 handschriftliche Seiten, darunter 75 Tagebücher.

Zuletzt sind von ihm erschienen:

  • Mädchenleben oder Die Heiligsprechung. Legende. Rowohlt, Hamburg, 2019
  • Sprachlaub oder: Wahr ist, was schön ist. Rowohlt, Hamburg, 2021

 

Wir trauern um Claudia Beate Schill

Ein Portrait von Claudia Schill von Eva Zippel

Claudia Schill, gestaltet von Eva Zippel, 2000

Der Verband deutscher Schriftsteller*innen trauert um unser Mitglied Claudia Beate Schill.

Sie verstarb am 11. November 2022 kurz vor ihrem 70. Geburtstag in Kemnat bei Stuttgart. Claudia Schill wurde am 17. November 1952 in Tübingen geboren, genoss eine Ausbildung zur Journalistin und studierte Sprachen in Heidelberg. Seit 1987 lebte sie in Kemnat (Ostfildern) und veröffentlichte Lyrik und Kurztexte in Literaturzeitschriften, Tageszeitungen und Anthologien. Regelmäßig reiste sie zu Literaturveranstaltungen nach Salzburg und ebenso regelmäßig nahm sie in Baden-Württemberg an den VS-Mitgliederversammlungen, Sommertagen und literarischen Veranstaltungen teil und wuchs uns als sprachsensible, einfühlsame und eigenständig denkende Persönlichkeit ans Herz. An ihr Verhalten und Schreiben stellte sie hohe ethische Ansprüche, für die sie nahezu aphoristische Formeln fand. »Ich habe sehr viele Bleistifte in meiner Handtasche und Bleistiftspitzer, ich habe eine wunderbare Waffe in der Hand«, sagte sie in einem Interview in der Salzburger Radiofrabrik und: »Gedichte müssen schwer sein, aber sie sind schlank.« 

Sie wird uns sehr fehlen. 

Hier ihre Veröffentlichungen: 

Revolution in Zeilen oder Suche nach dem verlorenen Paradies. Heidelberg 1978 

Deutschland – ein Eisalptraum. Schwandorf, 1981

Engel der Elegie. St. Michael/Österreich 1984

Macht Macht machtlos. Frankfurt/M. 1986

Vom Engel geführt. Weissach i.T. 2001

Immer werden wir Fremdlinge sein. Leipzig 2010

Menschen in Bewegung. Federzeichnungen. Leipzig 2010

 

Was kostet Kunst? Basishonorare für selbständige Kreative

Ver.di hat ausgerechnet, was KreativenDie Grafik zeigt in Kästchen Beispielhonorare. pro Stunde, pro Tag, pro Monat und im Jahr an Honorar gezahlt werden muss, damit der wahre Wert der Arbeit bezahlt und die Existenz gesichert ist. Die Honorare sind also Brutto-Honoare. Neben den Lebenshaltungskosten werden auch Sozialversicherungsbeiträge, laufende Betriebsausgaben und Steuern eingepreist. Dabei wird berücksichtigt, ob die Künstler:in Mitglied der KSK ist oder nicht.

Für eine Lesung beispielsweise gilt die Arbeitszeit von einem Tag nach EG 11. Das Honorar beträgt 382 Euro, wenn die Autorin oder der Autor in der KSK ist. Für eine Moderation errechnen sich bei 5,5 Stunden Arbeitszeit 264 Euro. Die Übersetzung eines 300-seitigen Romans, für den man 12 Wochen braucht, sollte mit 24.007 Euro bezahlt werden.

Hier im Detail nachzulesen

Neuwahl des VS-Landesvorstands

Der VS Baden-Württemberg hat einen neuen Landesvorstand – und wird weiblicher. Christine Lehmann wurde zur alleinigen Vorsitzenden wiedergewählt, Martin von Arndt ist in den nächsten vier Jahren ihr Stellvertreter. Als Beisitzerinnen wurden ebenfalls gewählt: Eva Ehrenfeld, Claudia Gabler, Ines Witka, Beate Rothmaier und Anne Richter.
Herzlichen Glückwunsch!

VS Baden-Württemberg