Rottweil vergibt wieder sein Stadtschreiberstipendium

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Zum 19. Mal sucht die älteste Stadt Baden-Württembergs wieder einen Autor oder eine Autorin aus Süddeutschland oder der Schweiz für die Rottweiler Stadtschreiberstelle – und vergibt ein Wohn- und Arbeitszimmer im Bischöflichen Konvikt. Das humanistisch-musische Internat im Herzen der mittelalterlichen Stadt bietet dem Stadtschreiber bzw. der Stadtschreiberin Entspannung und Inspiration, ein guter Ort um zu leben und zu arbeiten. Bewerbungen sind bis zum 15. April 2019 möglich.

Betreut und begleitet wird die Stelle vom Kulturamt der Stadt Rottweil. Erwartet wird die Bereitschaft, bei kulturellen Anlässen der Stadt mitzuwirken und eine vom Konvikt, den städtischen Schulen und interessierten Kreisen der Bevölkerung getragene literarische Jugendschreibwerkstatt zu betreuen. Weiterhin sollte im Zuge und zur Vorbereitung des „Schreibspuren“-Schreibwettbewerbs der Rottweiler Schulen an den betreffenden vier Schulen ein jeweils einmaliger, doppelstündiger Schreibworkshop für ausgewählte Schülerinnen und Schüler der Unterstufe angeboten werden. Das monatliche Salär beträgt bei freier Kost und Unterkunft 1500 Euro.

Dem Stadtschreiber/der Stadtschreiberin steht für die Dauer seines/ihres dreimonatigen Aufenthaltes in der Stadt ein Wohn-/Arbeitszimmer im historischen Gebäude des Bischöflichen Konvikts zur Verfügung. An den Mahlzeiten der Schüler (Frühstück, Mittagessen, Abendessen) darf er/sie als ständiger Gast des Hauses jederzeit teilnehmen. Nicht erwartet wird die Teilnahme an kirchlichen und sonstigen internen Veranstaltungen, aber Toleranz und Akzeptanz gegenüber der christlichen Zielsetzung des Hauses sowie Offenheit für die Anliegen der Schüler/innen. Der Stadtschreiber soll nach Vorstellungen der Konviktsleitung ein integraler Bestandteil im Leben des Hauses sein. Residenzpflicht besteht nicht, aber eine gewisse Regelmäßigkeit in der Präsenz ist erwünscht.

Bewerben können sich Autoren aus dem süddeutschen Raum (Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Saarland, Rheinland-Pfalz) sowie deutschsprachige Autoren aus der Schweiz. Die Auswahl erfolgt im Rahmen einer Jury durch das Kulturamt der Stadt Rottweil in Zusammenarbeit mit dem Schriftstellerverband VS Baden-Württemberg. Wir freuen uns über ein kurzes Motivationsschreiben mit Bild, in dem Sie kurz darlegen, was Sie an unserer Stadt und am Leben im Konvikt reizt.

Bewerbungen unter Einreichung einer Biobibliographie und Textproben (max. 10 Seiten) – auch gerne digital – bis 15. April 2019 an:

Kulturamt Rottweil
Stichwort: „Stadtschreiber“
Hauptstr. 23
D – 78628 Rottweil

oder per E-Mail an: kultur@rottweil.de

Verleihung des Thaddäus-Troll-Preis 2018 am 11. Dezember

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Der 1989 in Backnang geborene Kai Wieland erhält für seinen Roman Amerika den Thaddäus-Troll-Preis 2018. Zur Preisverleihung und Lesung am Dienstag, 11. Dezember 2018 um 19.30 Uhr im Max-Bense-Forum der Stuttgarter Stadtbibliothek am Mailänder Platz ist die Öffentlichkeit eingeladen. Im Gespräch mit seinem Verleger Tom Kraushaar (Klett-Cotta) und mit Werner Witt (Vorstandsvorsitzender des Förderkreises deutscher Schriftsteller in Baden-Württemberg) wird Kai Wieland einen Einblick in den Hintergrund und die Entstehung seines Romans geben. 
Seit 1981 verleiht eine unabhängige Jury unter Leitung des Förderkreises deutscher Schriftsteller in Baden-Württemberg jährlich zum Andenken an den Schriftsteller Thaddäus Troll einen Preis an qualifizierte Autorinnen und Autoren mit erstem Wohnsitz in Baden-Württemberg, die am Anfang ihrer literarischen Karriere stehen. Das Preisgeld stammt aus Mitteln des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden Württemberg.

Kai Wieland, der nach dem Abitur eine Ausbildung zum Medienkaufmann absolvierte, Buchwissenschaft an der LMU in München studierte und seit 2016 für ein Verlagsbüro in Stuttgart arbeitet, hat mit seinem bei Klett-Cotta erschienenen Roman nicht nur die Förderkreis-Jury überzeugt. Er war zuvor schon im Finale beim Preis der Literaturblogger „Blogbuster“. Denis Scheck schrieb über ihn:Ein schwäbischer William Faulkner, der zur Entdeckung einlädt.

Die Förderkreis-Jury begründete ihre Entscheidung so: In diesem Kaleisdoskop eines verlorenen schwäbischen Dorfes namens Rillingsbach verknüpft der Autor eine Handvoll Schicksale zu einer Chronik, die sich nicht damit brüstet, die einzig wahrhaftige Darstellung der Ereignisse zu sein. Der Chronist, der allein mit dieser sperrigen Bezeichnung im Buch auskommen muss, begibt sich aus unbekannten Gründen auf die Jagd nach Typen und Geschichten in dieser gottverlassenen Gegend zwischen Murrhardt und Backnang, und er begibt sich mitten hinein die Brutstätte jeder Legendenbildung, in die Dorfwirtschaft. Hier trifft er auf die oft schon aufgewärmten Erinnerungen an Kriegs- und Nachkriegszeiten, er begegnet Kopfschlächtern, Nazis, Sängern, Dichtern, wilder Dorfschönheit, Rebellen, verpassten Gelegenheiten und unausgelebten Träumen. Kai Wieland gelingt in Amerika eine fein austarierte Melange aus sachlich bilanzierendem Ton, sensiblen Beobachtungen und trockenem Witz und gibt so einer viel erzählten Zeit ein anderes Gesicht.

Der Eintritt zur Preisverleihung am 11. Dezember 2018 ist frei.

Ehrung für Imre Török bei Mitgliederversammlung

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Imre Török, ehemaliger Landes- und Bundesvorsitzender des Verbands deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller, ist bei der Mitgliederversammlung des VS Baden-Württemberg am vergangenen Samstag der Ehrenvorsitz des Landesverbands verliehen worden. Im Saal waren sich nach der unangekündigten Ehrung alle einig: Diese Würdigung war längst überfällig. Es gab aber auch noch einen weiteren Grund zur Freude – und jede Menge Stoff zum Diskutieren. 

„Es gibt wohl kaum jemanden sonst in diesem Verband, der sich für die Sache von uns Autorinnen und Autoren über so viele Jahre so konsequent eingesetzt hat wie Imre.“ Mit diesen Worten leitete Martin von Arndt, der gemeinsam mit Christine Lehmann seit einem Jahr die Doppelspitze des VS Baden-Württemberg bildet, seine Rede an Imre Török ein.Während seines mehr als zwei Jahrzehnte andauernden Engagements im Land und im Bund sei der „stille Arbeiter“ Török „bis an die Grenzen der eigenen Belastbarkeit gegangen – und manchmal gewiss auch darüber hinaus“.

Martin von Arndt bezeichnete Imre Török als Mentor und Rollenmodell. Der Geehrte nahm das sichtbar gerührt zur Kenntnis und Ehrenurkunde sowie Geschenke des Vorstands freudestrahlend in Empfang. Im späteren Verlauf berichtete er ausführlich von den Vorbereitungen des Jubiläumskongresses anlässlich des 50-jährigen Bestehens des VS, der vom 14. bis 17. Februar in Aschafenburg stattfinden und nach dem er – wie der Rest des amtierenden Bundesvorstands – aus dem Amt ausscheiden wird.

Bundesverdienstkreuz für Ursula Jetter 

Leider nicht persönlich gratulieren konnten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Mitgliederversammlung ihrer Verbandskollegin Ursula Jetter, die Ende September mit dem Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland geehrt worden ist. Applaus spendeten sie der unermüdlichen Kollegin dennoch.

SchriftstelleressenEingebettet war die Mitgliedeversammlung im Restaurant Deli in der Stuttgarter Geißstraße auch in diesem Jahr wieder in das bundesweit einzigartige Schriftstelleressen auf Einladung von Oberbürgermeister Fritz Kuhn, der bedauerlicherweise nicht persönlich anwesend sein konnte, dessen Grüße aber Eva-Maria Rembor überbrachte. Die Fachreferentin für Literatur und Philosophie aus dem Kulturamt  berichtete über Kulturförderungen der Landeshauptstadt. Christine Brunner, die Leiterin der Stadtbibliothek, thematisierte anschließend eindrucksvoll und nachdrücklich die Daseinsberechtigungen von Bibliotheken im digitalen Zeitalter.

Die VS-Landesvorsitzende Christine Lehmann sprach in ihrer Begrüßungsrede über den „mutigen und realistischen Blick in die Zukunft“ in Zeiten, die für Intellektuelle eher deprimierend seien, da sie sich konfrontiert sähen mit dem „Geschrei derer, die Pluralität und kulturelle Vielfalt ablehnen“. Lehmann forderte: „Ich meine, wir Schriftsteller/innen haben gerade jetzt eine große Verantwortung und eine große Aufgabe. Wir müssen unsere Sprache aus dem Missbrauch befreien und in unsere Werte zurückholen.“

Foto oben (Marc Bensch): Der Vorstand des VS Baden-Württemberg gratuliert Imre Török (Mitte) zum Ehrenvorsitz 
Foto unten (Christine Lehmann): Das Schriftstelleressen (im Bild: das Dessert) auf Einladung von OB Fritz Kuhn ist bundesweit einmalig.

VS debattiert über Positionierung gegen Rechts

Martinushaus%2BAschaffenburgDer Verband deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller wird im kommenden Jahr 50. Das Jubiläum feiern seine Mitglieder vom 14. bis 17. Februar auf dem Bundeskongress in Aschaffenburg. Die Delegierten der Landesverbände treten am 16. Februar zu ihrer Konferenz im Martinushaus (Foto) zusammen. Zentrales Thema der Versammlung: die Positionierung des Verbands gegen Rechts.
Wie VS-Vorstandsmitglied Imre Török, ehemals Vorsitzender sowohl im Land als auch im Bund, in seiner zur Konferenz erscheinenden Chronik der 50-jährigen Verbandsgeschichte erarbeitet hat, ist die zweifelsfreie Positionierung gegen Rechtsextremismus ein permanenter Begleiter des VS. Es ist sogar so etwas wie eines der Markenzeichen des Verbands, der es sich von seiner Gründung an auf die Fahnen geschrieben hat, sich für freie Meinungsäußerung einzusetzen, die humanistische, demokratische und offene Gesellschaft zu verteidigen und jeder Form von Unterdrückung und Diskriminierung entgegenzutreten.
Das Erstarken populistischer, demagogischer und rechtsradikaler Bewegungen in Europa und der Welt in den vergangenen Jahren beschäftigt unsere Gesellschaft derzeit wie kaum ein anderes Thema. Der VS hat sich in der jüngeren Vergangenheit in mehreren Stellungnahmen dazu geäußert, zuletzt in diesem Jahr etwa unter den Schlagwörtern „Wir brauchen eine neue Zukunftserzählung“und „Probleme lösen, nicht verschärfen!“
Besonders die Position gegenüber der AfD steht für die Aschaffenburger Delegiertenversammlung auf der Tagesordnung. Eine Arbeitsgemeinschaft des VS erarbeitet derzeit eine Charta und wird sie auf der Konferenz zur Abstimmung vorlegen.  
Foto: Kulturamt

1. VIP-Autorenkonferenz auf der Frankfurter Buchmesse

Sebastian%2BFitzek„Vom Schreiben leben“ ist der Titel der 1. VIP-Autorenkonferenz, zu der der Bundesverband junger Autorinnen und Autoren (BVjA) am Freitag, 12. Oktober, auf der Frankfurter Buchmesse einlädt. Ein Ziel: Jüngere Generation von den Fehlern älterer Autoren lernen lassen. Als Referenten haben sich renommierte Branchenvertreter angesagt, darunter Verlagsmitarbeiter, Bestsellerautoren, Literaturagenten, Buchhandelsvertreter, Buchblogger und weitere Experten. VS-Mitglieder erhalten zehn Euro Rabatt auf die Teilnahmegebühr von 30 Euro.
Zu den Eingeladenen, die auf der 1. VIP-Autorenkonferenz sprechen werden, zählen der Bestsellerautor Sebastian Fitzek (Foto), der unter anderem über den Umgang mit Kritik sprechen wird, und Pia Cailleau, Programmleiterin bei Carlsen Impress, die sich unterschiedlichen Verlagsmodellen annimmt. Referenten und Teilnehmer sollen bei der Konferenz ins Gespräch kommen. 

Das Programm im Einzelnen:
*Pia Cailleau (Carlsen Impress): „Welches Verlagsmodell taugt für welchen Autor?“
*Natalja Schmidt (Droemer Knaur): „Informationen über den aktuellen Stand auf dem Buchmarkt aus Sicht eines Großverlages“
*Sebastian Fitzek (Droemer HC): „Tipps vom Bestsellerautor für junge Autoren und dem Umgang mit Kritik“
*Regina Vogel (RV Verlagsvertretung): „Wie kommen die Bücher in den Buchhandel?“
*Cally Stronk, Autorin: „Autoren- und Buchmarketing: Die Zielgruppe im Visier“
*Melanie Müller (Bonnies Buchemotion): „Tipps für den Umgang mit Buchbloggern“
*Kristina Langenbuch (Weiß & Langenbuch Literaturagentur): „Manuskriptvermittlung über Agenten“  
Die Konferenz, die sich in erster Linie an Literaturneulinge richtet, läuft am Freitag, 12. Oktober, von 11 bis 18 Uhr im großen Saal „Dimension“ in Halle 4.2. Die reguläre Teilnahmegebühr von 30 Euro verringert sich für Mitglieder der Mitgliedsverbände des „Netzwerk Autorenrechte“ (darunter der Verband deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller) um zehn Euro. Wer einen Aktionscode möchte, kann ihn beim BVjA-Vorstandssprecher Tobias Kiwitt anfordern. E-Mail: sprecher@bvja-online.de.  
Weitere Informationen stehen auf der Website der Frankfurter Buchmesse. 
Foto: FinePic / München / Helmut Henkensiefken


Tübinger Manifest: Wider das Sterben der Verlage

John%2BAbel%2BT%25C3%25BCbingenHermann Bausinger, bis zu seiner Emeritierung 2003 Direktor des Tübinger Ludwig-Uhland-Instituts für Empirische Kulturwissenschaft, und Thomas Knubben, Professor für Kulturwissenschaft und Kulturmanagement an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg, sind beide Autoren bei Klöpfer & Meyer. Wie viele Autorinnen und Autoren wühlte sie die Nachricht von der vergeblichen Nachfolger-Suche des scheidenden Verlegers Hubert Klöpfer auf. Ihre Reaktion: das Tübinger Manifest wider das Sterben der Verlage, für Diversität der Literatur und Buchkultur mit vier Vorschlägen zum Umgang mit der Verlagskrise. 

In diesen Wochen häufen sich die bedrohlichen Nachrichten zur Situation der Verlage in Deutschland. Der Börsenverband des deutschen Buchhandels meldet für die Zeit von 2012 bis 2016 einen markanten Rückgang der Buchkäufer von 54 % auf 45 %, die Monopolkommission fordert die Abschaffung der Buchpreisbindung, die Deutsche Post erhöht die Portokosten für Büchersendungen um 20 %. Und nun gab der Verlag Klöpfer & Meyer in Tübingen bekannt, auf sein nächstes Frühjahrsprogramm verzichten zu müssen und dass die Arbeit des Verlages unter den gegebenen Umständen nicht mehr fortgeführt werden könne.

Dies ist aus mehreren Gründen ein ernstes Alarmzeichen. Es zeigt erstens an, wie die Konzentrationsbewegung im Verlagswesen weiter bedrohlich zunimmt. Der Verlagsbuchhandel ist heute bereits größtenteils in der Gewalt einer Hand voll Konzerne. Unabhängiges Publizieren jenseits weniger marktbeherrschender Verlage gerät dadurch in Gefahr. Dies ist ein demokratisches Problem, weil immer weniger Menschen darüber entscheiden, was über wirkungsvolle Kanäle veröffentlicht werden kann und darf.

Damit verbunden ist zweitens ein beunruhigender Verlust an Vielfalt literarischer Themen und Ausdrucksformen. Die Diversität der Literatur droht aufgerieben zu werden im Sog von reiner Marktmacht und Marktgängigkeit. Auch unabhängige Verlage müssen sich marktorientiert und marktgerecht verhalten, dafür brauchen sie aber faire und angemessene Bedingungen. Der Markt selbst regelt nicht alles. Dies ist ein ästhetisches und ordnungspolitisches Problem.

Mit dem Verlust unabhängiger Verlage geht drittens auch ein Stück kultureller Vitalität verloren. Verlage sind Knotenpunkte des geistigen Verkehrs. Sie sind eingebunden in regionale, überregionale und internationale Netzwerke. Sie ermöglichen und verdichten den Austausch innerhalb und jenseits regionaler Kulturräume – zwischen Produzenten und Rezipienten und vielen Vermittlungsinstanzen, also zwischen Schriftstellern, Essayisten, Film- und Rundfunkautoren, Lesern, Hörern, Zuschauern und Festivalbesuchern, Zeitungs-, Zeitschriften- und Rundfunkredaktionen, Buchhändlern, Bibliothekaren, Hochschulen und Volkshochschulen sowie Literaturzirkeln jeglichen Zuschnitts. All dies zu bewahren ist ein kulturpolitisches Problem.

Was kann gegen die drohenden Verluste getan werden, wie können literarische Diversität und kulturelle Vitalität erhalten werden? Wo sind mögliche Ansätze kulturpolitischen Handelns?

Vier Vorschläge mögen den Weg zur aktuellen und langfristigen Bewältigung der Krise andeuten:

1. Die strukturellen Probleme der unabhängigen Verlage müssen von der Kulturpolitik ernst genommen werden. Die Herausforderungen sind gewaltig. Sie reichen von den Digitalisierungsprozessen über soziokulturelle Verschiebungen bis hin zu urheberrechtlichen Fragestellungen. Bislang wurden sie überwiegend als Angelegenheit der Wirtschaftspolitik betrachtet. Damit werden sie jedoch nicht hinreichend erfasst. Der erste Schritt von Seiten der Kulturpolitik bestünde daher darin, sich für diese Fragen zuständig zu erklären. Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien Monika Grütters hat dies bereits getan, hat die Buchpreisbindung für unverzichtbar erklärt und einen Preis für ausgezeichnete Verlage angekündigt. Dies ist freilich nicht genug, die Länder müssen ihr mit eigenen Aktivitäten und Anstrengungen folgen. Deren Koordination wäre eine sinnvolle Aufgabe für den von der Sächsischen Kunstministerin Eva-Maria Stande dieser Tage vorgeschlagenen Länderkulturrat.

2. Ein großes Hindernis für wirkungsvolle strukturelle Förderaktivitäten seitens der Kulturpolitik gerade auch im Hinblick auf die Verlage besteht in der überkommenen Trennung zwischen Profit- und Non-Profit-Akteuren. Diese Unterscheidung mag im Hinblick auf Förderverfahren und Steuerfragen verständlich sein, wird aber den vielfachen Verschränkungen zwischen den Sektoren nicht mehr gerecht und verhindert daher oftmals sinnvolle Interventionen. Sie ist aus der Sicht der Bürger als Leser, Museumsbesucher oder Kinogänger, auf die es nicht zuletzt ankommen sollte, auch völlig belanglos. Andere Länder wie Österreich und die Schweiz verfügen bereits seit 1992 bzw. 2016 über eine Verlagsförderung und überwinden damit die in Deutschland herrschenden Barrieren. Deren Förderung setzt auf Programmqualität, verlegerische Professionalität und langfristige Wirkung. Ihre Konzepte könnten als Benchmarking für entsprechende Initiativen der Länder und des Bundes dienen.

3. Langfristige Konzeptionen bedürfen einer ausreichenden Datenbasis und -analyse. Die Autoren- und Künstlerreporte der frühen 1970er-Jahre waren Ausgangspunkt der vorbildlichen deutschen Künstlersozialversicherung, der Bericht der Enquete-Kommission Kultur in Deutschland Wegbereiter für eine neue Sensibilität gegenüber kulturpolitischen Entwicklungen und Erfordernissen. Er liegt nun aber auch wieder bereits mehr als 10 Jahre zurück. Es braucht daher aktuelle Erhebungen und einen neuen umfassenden Report über die zu erwartenden Entwicklungen im Literaturbetrieb und Verlagswesen. Sie stellen noch immer den größten Sektor im Kulturbetrieb dar, haben eine enorme wirtschaftliche wie kulturelle Bedeutung und müssen daher in ihrem komplexen Zusammenspiel fundiert in den Blick genommen werden.

4. Die Probleme der Verlage sind allerdings zu drängend, als dass sie auf die Ergebnisse eines Gutachtens oder einer Kommission warten könnten. Diese sind auf langfristige Perspektiven ausgerichtet. In der Zwischenzeit bedarf es schneller Interventionen, denn kulturelle Einrichtungen, die einmal untergegangen sind, lassen sich in der Regel nicht mehr oder nur mit erheblich höherem Einsatz wiederbeleben. Das Land Baden-Württemberg ist der Literatur nicht zuletzt aus historischen Gründen in besonderer Weise verbunden und bringt dies auch in einer breiten Literaturförderung zum Ausdruck. Es hat in den vergangenen Jahrzehnten mit seinen Kulturkonzeptionen und Gründungen von neuen Kultureinrichtungen immer wieder Maßstäbe gesetzt. Es hat zuletzt aber seine führende Stellung im Verlagswesen verloren. Renommierte Häuser, die das literarische und kulturelle Profil des Landes über lange Zeit geprägt haben, sind abgewandert, wurden anderswo eingegliedert oder haben aufgegeben. Das Land verfügt über eine Fülle von Instrumenten und aktuell auch über ausreichend Finanzmittel, um hier entgegen zu wirken. Es muss nur wollen und wieder einmal seine kulturpolitische Kreativität unter Beweis stellen.

Der Klöpfer & Meyer Verlag in Tübingen ist seit 27 Jahren eine tragende Säule des Literaturlebens nicht nur in Baden-Württemberg. Er hat viele Schriftsteller aus dem deutschen Südwesten überregional bekannt gemacht und Literaten von außerhalb hier heimisch werden lassen. Der Verlag und seine Autoren wurden vielfach ausgezeichnet. Das Ende von Klöpfer & Meyer wäre nicht das Ende der Literatur in Baden-Württemberg, aber es wäre mehr als der Anfang vom Ende, und wenn nichts gegen die strukturellen Probleme unternommen wird, ist auch das Ende selbst bald abzusehen.


Creative-Commons-Foto: John Abel – Tübingen (via Flickr, Lizenz: CC BY-NC-ND 2.0)

Hegel-Preis 2018: Verleihung am 11. Juni

Der Preisträger Prof. Michael StolleisAlle drei Jahre verleiht die Landeshauptstadt Stuttgart den Hegel-Preis an Persönlichkeiten, die sich um die Entwicklung der Geisteswissenschaften verdient machen oder gemacht haben. 2018 geht der mit 12.000 Euro dotierte Preis an den Rechtswissenschaftler und Rechtshistoriker Professor Dr. Michael Stolleis. Die Verleihung findet am Montag, 11. Juni, um 19 Uhr im Großen Sitzungssaal des Stuttgarter Rathauses statt.

Der am 20. Juli 1941 in Ludwigshafen am Rhein geborene Stollies studierte Rechtswissenschaften, Germanistik und Kunstgeschichte in Heidelberg und Würzburg und habilitierte 1973 in München für die Fächer Staats- und Verwaltungsrecht, Neuere Rechtsgeschichte und Kirchenrecht. Von 1974 bis zu seiner Emeritierung 2006 war er Professor für Öffentliches Recht und Rechtsgeschichte an der Johann Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt am Main.


In Ihrer Begründung nannte die Jury des Hegel-Preises Stolleis einen „der fruchtbarsten und scharfsinnigsten Rechtsdenker der Gegenwart“ und würdigte, dass er in seinem Werk „ein Höchstmaß an Tiefenschärfe mit einem souveränen Überblick über die ideengeschichtliche, politische und gesellschaftliche Verwobenheit der Rechtsnormen und Rechtstexte“ verbinde.
Bei der feierlichen Preisverleihung am Montag, 11. Juni, hält der Stuttgarter Oberbürgermeister Fritz Kuhn die Begrüßung, für die Laudatio ist der Sprachwissenschaftler Prof. Dr. Wolfgang Klein verantwortlich. Die Moderation des Abends übernimmt Dr. Matthias Frenz, für die musikalische Untermalung sorgt das Tónlist-Quartett mit Musik von Joseph Haydn.

Foto: Christiane Birr

Noch bis 30. April für Innovationsfonds Kunst bewerben

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Das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst (MWK) Baden-Württemberg schreibt den Innovationsfonds Kunst 2018 aus und unterstützt Kunst- und Kulturprojekte von gemeinnützigen, im Land ansässigen Einrichtungen und Institutionen wie Stiftungen, Vereine, öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche Körperschaften. Die Antragsfrist endet am 30. April. 

Die Landesregierung, allen voran die Kunststaatssekretärin Petra Olschowski (Foto), sieht in ihm ihr wichtiges Förderinstrument in der Kunst- und Kulturlandschaft Baden-Württembergs, seit seiner Einführung erhielten insgesamt 488 Projekte mehr als 11,5 Mio. Euro aus dem Fördertopf. Jetzt wartet der Innovationsfonds Kunst auf neue Bewerber. Die Fördersummen liegen zwischen 10.000 und 50.000 Euro. 
„Der Innovationsfonds Kunst hat sich als unverzichtbarer Impulsgeber etabliert, um innovativen künstlerischen Fragestellungen Raum zu geben. Darüber hinaus ermöglicht er, aktuellen Herausforderungen und zentralen gesellschaftlichen Themen mit den Mitteln von Kunst und Kultur zu begegnen“, sagte Olschowski beim Startschuss der Ausschreibung.

Sie umfasst die Programmlinien „Innovative Projekte“, „Kulturelle Bildung“, „Kunst und Kultur für das ganze Land“ und „Interkultur“. Ziel ist es, kreative Spielräume für neue Ausdrucks- und Beteiligungsformen, für spartenübergreifende Ansätze und ungewöhnliche Aufführungsorte in allen Sparten des Kulturbereichs zu schaffen. Der Fonds will Projekte und Aktivitäten ermöglichen, die unabhängig vom Alltagsbetrieb Raum für neue Entwicklungen geben. Die Bewerbungsfrist endet am 30. April. Über die Vergabe entscheidet eine unabhängige Jury. 

Alle Informationen zu den linienspezifischen Förderichtlinien des Innovationsfonds und zu weiteren Ausschreibungen des MWK stehen auf https://mwk.baden-wuerttemberg.de/de/service/ausschreibungen. 


Foto: MWK/Pfisterer


Wir brauchen eine neue Zukunftserzählung

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Der Verband deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller beobachtet mit Besorgnis den Rechtsruck und den Rückfall in nationalistisches Denken in unserem Land, aber auch in Europa und weltweit. (Pressemitteilung)


Demokratische Werte scheinen plötzlich nicht mehr selbstverständlich, der Zusammenhalt in der Gesellschaft bröckelt. Der Blick zurück ist aber gefährlich und kann keines der anstehenden Probleme lösen, so die VS Vorsitzende Eva Leipprand. Über Jahre hin hat die Politik auf Bundesebene versäumt, sich mit den Auswirkungen von Globalisierung und Digitalisierung auf Kultur und Gesellschaft auseinanderzusetzen. Der VS appelliert an die neue Bundesregierung, endlich eine sinnstiftende Zukunftserzählung zu entwickeln.
Bei ihrer Jahrestagung in der Bundesakademie für kulturelle Bildung in Wolfenbüttel diskutierten die Bundes- und Landesvorsitzenden des VS am 23. Februar 2018 Grundlinien einer Charta zur Wahrung demokratischer Rechte, die für die Mitgliedschaft im VS bindend werden soll. Diese Charta soll beim Jubiläumskongress zum 50-jährigen Bestehen des VS im Februar 2019 verabschiedet werden.
Ebenso wurde auf der Sitzung in Wolfenbüttel beschlossen, dass sich der Verband der Initiative »#VerlageGegenRechts« anschließt und an entsprechenden öffentlichen Diskussionen auf der Leipziger Buchmesse teilnimmt. Seit seiner Gründung tritt der VS ein für freie Meinungsäußerung und eine humanistische, demokratische, offene Gesellschaft, die jedwede Form von Unterdrückung und Diskriminierung ablehnt.
Er setzt sich ein für Frieden weltweit und ächtet Nationalismus als Keimzelle künftiger Kriege.
Von der neuen Bundesregierung erwartet der VS neben einer harten inhaltlichen Auseinandersetzung mit der AfD auch wirksame Maßnahmen gegen die rechten Tendenzen im Land. Die rasanten Veränderungen infolge von Globalisierung und Digitalisierung haben vielerorts dazu geführt, dass Menschen sich verunsichert und machtlos fühlen. Der Blick zurück in die »gute alte Zeit« scheint Geborgenheit zu garantieren. Einfache Antworten aus der Mottenkiste des Nationalismus und Rassismus haben Hochkonjunktur. Abgrenzung, Ausgrenzung und Abwertung anderer können aber keine Lösung sein für Probleme, die ganz klar übernationaler Natur sind, so die Vorsitzende. Dies muss immer wieder deutlich gemacht werden. Gerade weil die Globalisierung vielerorts zu Raubbau, Umweltzerstörung und großer Ungerechtigkeit geführt hat. verlangt eine gute und zukunftsfeste Politik nach einer übernationalen Sichtweise. Die Themen Umwelt, Gerechtigkeit und Migration bedingen sich gegenseitig.
Der VS ruft die Bundesregierung auf, die Gestaltungsmacht der Politik auf allen Ebenen gegenüber der wachsenden Ökonomisierung unserer Lebenswelt geltend zu machen. Die Humanisierung der neuen Technologien ist dringend notwendig, ebenso wie digitale Grundrechte für jede und jeden. Die Demokratie als Staatsform muss wieder an Glanz gewinnen und Visionen für die Zukunft entwickeln, zum Beispiel im Rahmen der Europäischen Union. Internationale Digitalkonzerne haben sich an die Regeln zu halten, nach denen unsere Gemeinschaft funktioniert: Steuern zahlen, Datenschutz und Urheberrecht achten, gerechte Arbeitsbedingungen schaffen. Die Wirtschaft muss wieder dem Menschen dienen und nicht umgekehrt. Nur so kann das
Vertrauen entstehen, das unsere Gesellschaft zusammenhält.
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Die VS-Pressemeldung vom 27. Februar 2018 kann von der Internetseite http://vs.verdi.de als pdf-Datei geladen werden.

Neue Ausschreibung: Digitalisierung – Industrie 4.0 | Zukunft der Arbeit

20445410340 c1a0fe6a6a zDer Werkkreis Literatur der Arbeitswelt und der VS Bayern suchen Beiträge für eine Anthologie. Ziel und Zweck: eine literarische kritische Auseinandersetzung und die konkrete Utopie zur Digitalisierung und zur New Economy. Bewerbungen sind bis zum 30. April 2018 möglich.

Der Werkkreis Literatur der Arbeitswelt e.V. und der Verband deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller in ver.di, VS Landesverband Bayern fühlen sich der Demokratie und den allgemeinen Menschenrechten verpflichtet. Die zur Zeit gleichzeitige Demontage von Menschen- und Arbeitsrechten seitens der jungen, innovativen Branchen der ‚New Economy‘ sowie aller anderer Wirtschaftszweige bedingt grundlegende soziale Veränderungen.

Dies sind für den Werkkreis und den VS triftige Gründe, zur gegenwärtigen und zukünftigen alltäglichen Arbeits- und sozialen Welt kreativ-literarisch Stellung zu nehmen. Mit einer entsprechenden Anthologie wollen sie den vielschichtigen Fragen nachgehen.

Anforderungen:
*   Die literarischen Texte sollen die Technologie-Euphorie in unserem gegenwärtigen Alltag kritisch beleuchten.
*   Die eingereichten Texte sollen die Digitalisierung, New Economy und Big-Data teilweise oder gänzlich in ihren praktischen politischen Maßnahmen beschreiben. Wie der formal demokratisch regierte Kapitalismus die Quellen und den Nährboden zu grundlegenden Veränderungen des Alltags führen, ist literarisch kreativ darzustellen.
 *   Die literarischen Texte sollen die durch die Digitalisierung bedingten beträchtlichen antidemokratischen, diktatorischen Formen in unserem gegenwärtigen Alltag charakterisieren.

Mögliche literarische Genres sind Lyrik, Kurzgeschichten, Reportagen, deutliche Satiren und andere Kurzprosaformen, szenische Texte, Lieder/Noten. Der beste Text wird vom Werkkreis Literatur der Arbeitswelt e.V. mit einem Anerkennungspreis von 600 Euro honoriert.

Die vollständige Ausschreibung mit einer Hintergrund-Skizze und den Einsendeadressen steht auf http://www.werkkreis-literatur.de.

Foto: CC BY-SA 2.0 / Christiaan ColenBinary Code

VS Baden-Württemberg