Bitte mehr Kultur im Rundfunkrat

Ein Leserbrief von Jürgen Lodemann 
Juergen Lodemann
Zu „Rührende Realitätsferne“ (Leitartikel Alexander Dick) am 21. April 2012 und zu „Unaufgeklärtheit in Sachen Kunst“ (Helmut Lachenmann) im Feuilleton

Grauenvoll, was im Juni die Rundfunkräte des SWR entscheiden sollen über die Sparpläne der Senderspitze – sie entscheiden über zwei große Orchester mit Welt-Niveau. Und wer entscheidet da eigentlich? Die personifizierte Ahnungslosigkeit. Und in ständigem Verfassungsbruch. In den Staatsverträgen unserer nach 1945 gegründeten öffentlich-rechtlichen Sender stehen immer wieder drei Grundforderungen, die von diesen Einrichtungen zu erfüllen seien: Information – Unterhaltung – Kultur. Im Rundfunkrat müssten wenigstens zu einem Drittel Kenner und Könner aus kulturellen Bereichen sitzen. Im Fall der Baden-Badener Anstalt fing das einst sehr gut an, da waren die Gründungsväter und Ideengeber tatsächlich Leute der Kultur, nicht nur Heinrich Strobel mit seinem Elan für Neue Musik, auch Schriftsteller wie Alfred Döblin und Carlo Schmid. Schon der erste Intendant war ein Autor, ein Hörspiel-Spezialist: Friedrich Bischof. Strobel hatte nach 1945 nur weiterführen wollen, was vor 1933 mit Brecht, Hindemith oder Weill begonnen hatte. Und deren „Badener Lehrstücke“, nunmehr, im Juni 2012, live? Inzwischen entscheiden in den Sendern verdiente Lobbyisten dieser oder jener Couleur, selten oder nie Kenner kultureller Kreativitäten und Möglichkeiten. Als kürzlich mal wieder versucht wurde, in das kontrollierende Gremium des SWR wenigstens einen einzigen Schriftsteller zu befördern (in Funk und TV soll es ja zum Beispiel um Sprache gehen), da wurde der Kandidat verhindert mit einem Abstimmungs-Resultat, das korrekt dem damaligen Parteien-Proporz entsprach. Politleute und Lobbyisten sind zweifellos gut gerüstet, um über Milliarden für Fußball-Vereine zu entscheiden, auch für Wetten-Dass-Ersatz in unseren Flachbild-Medien. Sobald sich diese Räte aber an der Existenz von Spitzenorchestern vergreifen, wird es, wie gesagt, grauenhaft, dann kippt es endgültig um, das ursprüngliche Konzept des alten SWF, dieses im südwestdeutschen Abseits gegründeten Kultursenders der Franzosen. Und da handelt es sich juristisch von Grund auf und seit je um einen Bruch des Staatsvertrags.

Jürgen Lodemann



Gerade erschienen: Hubert Bärs neuer Krimi

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Der Heidelberger Spekulanten-Mord

Das Heidelberger Schloss privatisieren, im Glanz neu auferstehen lassen und sich damit in das Buch der Geschichte einschreiben: Richard Küfer, der alternde Milliardär, hat eine Visionen. Wer in Heidelberg dachte, das seien einmal mehr eitle Spinnereien eines abgehalfterten Finanzjongleurs, lag offensichtlich falsch. So mancher Politiker im Ländle kann sich durchaus für das wahnwitzige Projekt erwärmen. Es geht um Geld und Macht und fragwürdige Machenschaften, die nur schwer zu durchschauen sind. Klar ist: Einige spekulieren mit einem enormen Risiko. Als Morde ins Spiel kommen, müssen sie erfahren, der Einsatz war zu hoch.

Nach seinen Romanen Der Heidelberger Campus-Mord und der Heidelberger Tunnel-Mord‚, in denen Bär akademische Eliteansprüche oder den Streit um ein kommunales Bauprojekt zur Diskussion stellt, nimmt er jetzt die Praktiken gerissener Börsenspekulanten aufs Korn.

Wellhöfer Verlag, Mannheim 2012. 215 S. 11,90 €
Hubert Bär

Wir gratulieren Martin Walser

Martin Walser

zum 85. Geburtstag.

Wenn Martin Walser den Raum betritt, geht ein Raunen durch die Reihen. Kollegen nennen ihn respektvoll „den Alten“ und wissen genau, dass sie nie an seine Größe heran reichen werden.  Martin Walser wird am 24. März 85 Jahre alt und ist agil und produktiv wie immer. Fit hält er sich mit Tennis und Schwimmen, „meine Medizin ist der Rotwein“, bekannte er einmal in kleinem Kreis. Sein literarisches Werk und seine Karriere sind inzwischen allgemeines Bildungsgut, bereits sein zweites Buch „Ehen in Philippsburg“, erschienen 1957, wurde ein großer Erfolg und gilt heute noch als einer der besten Walser-Romane. Es waren Zeiten, in denen der Dichterfürst mit seinem VW-Käfer über den gefrorenen Bodensee ins heimatliche Nußdorf fuhr und angeblich angesichts des Erfolgs beschlossen hatte, fortan jedes Jahr ein Buch zu schreiben. Er hat das Vorhaben bis heute durchgehalten, Klassiker wie „Ein fliehendes Pferd“ (1978), „Brandung“ (1985) oder „Ein springender Brunnen“ (1998) folgten.
Wenn Martin Walser sich in politische Debatten einmischt, wenn er provoziert, sowohl literarisch als auch bei Reden, wird darüber weithin diskutiert, mehr als über die Äußerungen eines jeden anderen Autors oder gar Politikers. Als Heinrich Böll 1969 das „Ende der Bescheidenheit“ für Literaten forderte, gehörte Walser zu den Gründungsmitgliedern des Verbandes deutscher Schriftsteller (VS), dem er heute noch angehört. Während er sich früher mit den Gewerkschaftskollegen gegen den Vietnam-Krieg und für die Wiedervereinigung einsetzte und sich an „meinungsbeladene Kongresse“ erinnert – angesichts der Verramschung seiner Bücher nach dem Wechsel zum Rowohlt-Verlag schätzt er nüchtern und illusionslos die „Versachlichung“ des VS, organisierbar seien „nur unsere wirtschaftlichen Interessen“ als Schriftsteller.
Legendär und fast ein wenig grotesk ist seine Gegnerschaft zu Marcel Reich-Ranicki, dem er mit „Tod eines Kritikers“ (2002) ein in Teilen höchst amüsantes parodistisches Denkmal setzte. Als Walser 1998 seine berühmte Paulskirchen-Rede zur Verleihung des Friedenspreises des deutschen Buchhandels hielt und die „Instrumentalisierung des Holocausts“ ablehnte, von Auschwitz als „Moralkeule“ und dem Gedenken als „Pflichtübung“ sprach, wurde er u.a. von Ignaz Bubis heftig kritisiert. Man übersah jedoch, dass er diejenigen mit der „Gnade der späten Geburt“ in die moralische Pflicht nehmen wollte. Im eben publizierten Essayband „Über Rechtfertigung, eine Versuchung“, weist er klug jede der zahlreichen Anfeindungen von „Kommunist“ bis „Antisemit“ zurück.
Kritiker meinten es nicht immer gut mit Martin Walser, nicht nur Marcel Reich-Ranicki. „Angehäufte Geschmacklosigkeiten mit seiner Greisensexualität“ schrieb eine große Tageszeitung über den Roman „Angstblüte“ (2006), er sei nahe dran gewesen, „eine Art Dieter Bohlen für die gebildeten Stände zu werden“. Erst in den letzten Jahren hat sich das Bild wieder gewandelt als Walser sich nämlich spirituellen, ja religiösen Themen zuwandte. Die FAZ monierte zwar den anmaßenden Titel der Novelle „Mein Jenseits“, lobte aber u.a. die intelligente Aphoristik („Glauben heißt, die Welt so schön zu machen, wie sie nicht ist“). Im erwähnten neuen Buch widerspricht er der unterstellten altersbedingten Religiosität: „Ich lese Religion als Literatur“.
Man kann sich Martin Walser nicht als Tattergreis vorstellen. So lange seine Medizin wirkt und weiterhin jedes Jahr ein neues Buch erscheint, wird er das auch nicht werden.
Matthias Kehle

Leipziger Buchmesse eröffnet

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Kreativität schützen – Vielfalt sichern
VS fordert Schutz der Urheber

„Auf großartige Art und Weise zeigt die Buchmesse Leipzig auch in diesem Jahr die Kreativität und Vielfalt schriftstellerischer Arbeit“, erklärte Imre Török, Vorsitzender des Verbandes deutscher Schriftsteller (VS) in ver.di anlässlich der Messeeröffnung.
„Diese Vielfalt“, so Török, „steht und fällt mit einem umfassenden Schutz der Urheberinnen und Urheber.“ Auch und gerade unter den Bedingungen der Digitalisierung und der Verbreitung von Büchern, Filmen und Kunstwerken im Internet müsse das Urheberrecht wirkungsvoll greifen.
Der Erhalt der geltenden Schutzfrist von 70 Jahren müsse weiter gewährleistet bleiben. Mit zunehmender Verbreitung von Hörbüchern und E-Books seien auch die elektronischen Vertriebswege zu schützen und eine angemessene Vergütung für die Urheberinnen und Urheber durch die Verwerter zu leisten. Über Letzteres, so Török, verhandele der Schriftstellerverband zur Zeit mit den Verlagen im Börsenverein.
Darüber hinaus fordert Török die Justizministerin auf, möglichst bald einen Gesetzgebungsvorschlag für die Nutzung von vergriffenen Werken vorzulegen.

Gerade erschienen: Christine Lehmann

Totensteige

Totensteige

„Die Welt ist ja nicht friedlicher geworden, sondern wahnsinnig.“

Und die Medien machen mit.

Kalt liegt die Wasserburg Kalteneck zwischen Bauernhöfen nicht weit von Stuttgart. Schwabenreporterin Lisa Nerz war mit Geisterjägern im Schloss Ludwigsburg und will sich den Spuk im Parapsychologischen Institut in Holzgerlingen erklären lassen. Leider liegt Prof. Dr. Gabriel Rosenfeld tot in seinem Büro, bewacht von zwei Frauen, der Sekretärin Desirée und der stellvertretenden Institutsleiterin Derya Barzani. Drei Tage später wird der Malergeselle Juri Katzenjacob verhaftet. Und dann geschehen sehr seltsame und unheimliche Dinge. Kann Katzenjacob mit Geisteskraft Flugzeuge abstürzen lassen und Unglücke hervorrufen? Es spukt im Nerz’schen System und bald ist die halbe Welt infiziert. Lisa Nerz und Richard Weber jagen zusammen mit der schönen Derya Barzani und dem schottischen Psi-Professor Finley McPierson ein Phantom durch Schottland bis auf die Hebrideninsel Iona und werden dann selbst zu Gejagten. Ein perfides System von Halbwahrheiten übernimmt die Herrschaft. Werden Lisa und Richard den Spuk stoppen können? Und wie weit müssen sie gehen? Denn wenn nicht: Wo würde es enden?

Christine Lehmann veröffentlicht seit 1997 Krimis, Liebesromane, Jugendromane, Hörspiele, Essays und Sachbücher und einige Blogs.

Schweiz lehnt Buchpreisbindung ab

Reto Finger wikipedia
Reto Finger (wikipedia)

Die Schweizer haben es am Sonntag abgelehnt, die Buchpreisbindung in der Schweiz wieder einzuführen. Sie wurde 2007 abgeschafft.
Der AdS bedauert das in einer Stellungnahme:

Zürich, 11. März 2012 Das Nein für die Buchpreisbindung: ein Nein für das Kulturgut Buch?

Der Verband Autorinnen und Autoren der Schweiz AdS bedauert sehr das Nein zum Buchpreisbindungsgesetz. Weder die zahlreichen Schweizer Autorinnen und Autoren noch der engagierte Einsatz der grossen Anzahl Befürworter aus Politik, Kultur und Buchbranche vermochten die Schweizer Stimmbevölkerung zu überzeugen, dass auf das Kulturgut Buch auch in ökonomischer Hinsicht speziell Rücksicht genommen werden müsste. Ohne das bestens bewährte Mittel der Buchpreisbindung wird das Buch nun dem freien Markt überlassen, was die gesamte Buchbranche absehbar schwächen wird. Das wird auch Folgen für die Schweizer Autorinnen und Autoren haben, denen damit der Zugang zum Buchmarkt noch mehr erschwert wird. Es brauche für eine vielfältige und lebendige Buchkultur andere Fördermittel, insbesondere für die Autorinnen und Autoren, so ein immer wiederkehrendes Argument der Gegner. Der AdS wird sie nun beim Wort nehmen und diese einfordern. Denn auch ohne Preisbindung braucht die Schweiz eine konzise gesamtschweizerische Literaturförderung!

Autorinnen und Autoren der Schweiz AdS
Reto Finger, Präsident
Nicole Pfister Fetz, Geschäftsführerin
Tel. 044 350 04 60 oder 079 330 02 67, npfister@a-d-s.ch
www.a-d-s.ch

Peter Zwey

peter+Zway
Sketche für Kabarett, Satire, Essay
 
Den Ulmern geht er mit seinen bissigen Polemiken erfolgreich auf die Nerven. Aber  die Allgäuer, wo er herkommt, lassen sich von ihm  ihre guten Beziehungen zur Lokalpresse nicht vermiesen.
Peter Zwey nimmt das mit Gelassenheit zur Kenntnis, er weiß, er hat keine Wahl . Sich anzupassen, das würde ihn total krank machen. Außerdem: Sein Kehrmeister Karl Kraus würde ihm das  nicht verzeihen und ihm im Jenseits auflauern. So richtet er sich hinieden zwischen allen Stühlen sehr provisorisch und lächelnd ein.
Sein Leitspruch: “Sie wissen nicht,was sie sagen, aber sagen doch alles, was sie wissen”. P. Zwey: “Do muasch langsam lache” und “Live aus dem Bauloch. Ulmer Skizzen, Sketsche, Glossen”
 
Peter Zwey lebt in Ulm.
 

Worte gegen Rechts

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Mit WORTE gegen RECHTS geht der VS in ver.di mit Lesungen, Plakataktionen und anderen Veranstaltungen im Jahr 2012 engagiert gegen Rassismus und Nazis vor.

Die ersten Lesungen WORTE gegen RECHTS finden auf der Leipziger Buchmesse vom 15. bis 17. März 2012 statt.

Es lesen u.a. Janet Clark, Daniela Danz, Adel Karasholi, Tanja Kinkel, Regine Möbius, Titus Müller, Denis Scheck, Johano Strasser, Johann Arnold Voß und Feridun Zaimoglu.Bei einer Ausschreibung zu einem Gedichtwettbewerb wurden von der Jury des Bundesvorstandes des VS unter den Einsendungen vier Texte ausgewählt. Diese Texte werden auf Plakaten für Veranstaltungen zur Verfügung gestellt. 

Die Lesungen finden vom 15. bis 17. März jeweils ab 16.30 Uhr im Sachbuchforum, Halle 5 (Stand B 210), statt. Mehr

Gerade erschienen: Martin von Arndt

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Weißrussland im 21. Jahrhundert: Präsident Lukaschenka regiert das Land mit harter Hand, Zeitungen werden verboten, oppositionelle Politiker verschwinden. Die Bevölkerung hat sich damit abgefunden, ertrinkt in einer Mischung aus Wodka und Fatalismus. Und Wasil, der Held des Romans, will seine Tante Alezja loswerden – und zwar für immer! Oktoberplatz erzählt von der persönlichen und politischen Frustration, die Wasil in Betrügereien, Inzest und Mord treibt. Ein Buch über die Liebe, über Sehnsüchte, über Familie, Macht und Missbrauch. Aber auch eines über die letzte Diktatur Europas, über die Abirrungen von Sozialismus und Kapitalismus. Für den Roman lebte und recherchierte Martin von Arndt im Milieu weißrussischer Oppositioneller in Minsk.

Oktoberplatz, Martin von Arndt
Roman, Klöpfer&Meyer Tübingen
ISBN: 978-3-86351-023-7

Der Video-Trailer
Leseprobe
Hörprobe

Martin von Arndt. 1968 als Sohn ungarischer Eltern geboren. Nach der Promotion in Religions- und Literaturwissenschaft lebt er als Schriftsteller und Musiker nahe Stuttgart und in Essen. Er ist Stellvertretender Vorsitzender des Verbands deutscher Schriftsteller (VS) in Baden-Württemberg und Mitglied im Schweizer PEN. Neben CDs sowie Film- und Hörspielmusik mit der Avantgarde-Rockband Printed At Bismarck’s Death veröffentlichte er mehrere Bände erzählende Prosa, Theaterstücke, Lyrik und Sachbücher. Von Arndt erhielt für sein Werk zahlreiche Preise und Stipendien, darunter das große Landesliteraturstipendium Baden-Württemberg und den Thaddäus-Troll-Preis. 2008 war er Teilnehmer am Bachmann-Wettbewerb in Klagenfurt.

Der VS auf der Leipziger Buchmesse

15. bis 18. März 2012

imre
Der VS – Verband deutscher Schriftsteller in ver.di – und der VdÜ / Bundessparte Übersetzer im VS organisieren und beteiligen sich mit zahlreichen Veranstaltungen an der Leipziger Buchmesse 2012.
U. a.: Drei Lesungen »WORTE gegen RECHTS«
Zwölf Veranstaltungen im Vorfeld »Buchmesse schmeckt« in der Moritzbastei
Vier Lesungen und Gespräche »Vom Wert der Werte«
Der VS-Vorsitzende im Gespräch am gemeinsamen Messestand 4. A. 211 des VS, des P.E.N. und des Deutschen Literaturfonds …
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VS Baden-Württemberg